Manchmal hat man ja als Journalistin tatsächlich Termine im Kolosseum. Privat gehe ich da sonst nur im Winter hin, in allen anderen Jahreszeiten herrscht IMMER Belagerungszustand. Neulich sah ich an der Metrostation oberhalb des Amphitheaters eine Schlange von Touristen und sprach eine Frau an, wofür sie denn anstünden. Antwort: „Wir stehen hier an, um nicht Schlange stehen zu müssen.“
Ich fand diese Szene ja sehr philosophisch. Schlange stehen, um nicht Schlange stehen zu müssen, sowas gefällt mir. Wir alle leben von absurden Hoffnungen, ahnend, dass sie prompt betrogen werden. In diesem Fall von zwei Verkäufern von Skip-the-Line-Tickets, die gegen Aufpreis ganz normale Eintrittskarten verscherbelten.
Für alle, die draußen bleiben müssen oder wollen – so sieht’s drinnen aus:
Hat sich nicht viel geändert in dem alten Gerippe. Ich versuche immer, mir vorzustellen, wie hier im Mittelalter ein ganzes Stadtviertel stand, Wohnungen, Läden. Werkstätten und eine Adelsburg von den Frangipani.
Heute trifft man jede Menge Reisegruppen, die desillusioniert über die Tribünen trotten. Manche scheinen aber auch sehr begeistert zu sein. Diese Gruppe zum Beispiel verfiel Sekunden nach dem Foto in einen kollektiven Sprechgesang. Latein war’s nicht, aber so ungefähr muss es sich angehört haben, wenn die Römer früher schrieen „Habet, hoc habet!“ Jetzt hat er ihn!
Vor 2000 Jahren war es entschieden lauter im Kolosseum, soviel steht fest. Es war auch entschieden dreckiger. Die Leute verbrachten ja ganze Tage bei Tierhatz und Gladiatorenkämpfen, sie kochten und grillten auch auf ihren Plätzen und ließen ihren Müll einfach liegen. Zum Glück für die Archäologen, die so beweisen können, dass Brathuhn auch im Altertum schon begehrt war, die Currywurst hingegen definitiv noch nicht erfunden.
Heute wird der Müll schön ordentlich entsorgt, mit Betonung auf: schön.
Diese Eisenmülltonnen sind einfach tolles Design, oder? Da kann man, genau wie früher, eigentlich vom Boden essen.